Freitag, 16. Juni 2017

Kanzler der Einheit - Helmut Kohl ist tot

Altbundeskanzler Helmut Kohl ist tot. Er starb im Alter von 87 Jahren. Helmut Kohl war von 1982 bis 1998 deutscher Bundeskanzler, als sein größtes Verdienst gilt sein Einsatz für die deutsche Einheit. Mit mindestens ebensoviel Leidenschaft setzte er sich für das Zusammenwachsen Europas ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete Kohl als "Glücksfall für uns Deutsche".

Als großen Deutschen und großen Europäer hat Bundeskanzlerin Angela Merkel den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl gewürdigt. Er habe erkannt, dass die Einheit Deutschlands und Europas untrennbar miteinander verbunden seien, sagte Merkel am Freitag in Rom. Er habe die Gunst der Stunde genutzt, um die Wiedervereinigung herbei zu führen.
Die Kanzlerin betonte, Kohl habe auch ihren eigenen Lebensweg entscheidend verändert. Durch ihn habe sie ein Leben in Freiheit führen und das Leben in der Diktatur verlassen können. Kohl sei ein "Glücksfall für uns Deutsche" gewesen.

Ehrenbürger Europas

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete Kohl als große Persönlichkeit der deutschen und europäischen Geschichte: "Kohl hat sich mit ganzer Kraft für die Verankerung unseres Landes im westlichen Bündnis eingesetzt.
Er hat die europäische Einigung mit Leidenschaft vorangetrieben und bis zuletzt für die europäische Idee geworben - als 'Ehrenbürger Europas' wird er uns allen in Erinnerung bleiben", schrieb Steinmeier in einem Kondolenzbrief an Maike Kohl-Richter zum Tod ihres Mannes.

Flaggen auf Halbmast

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte Kohl als einer der Ersten gewürdigt: "Helmut Kohl war ein großer Europäer und ein sehr guter Freund", teilte Juncker mit. "Ohne Helmut Kohl gäbe es den Euro nicht." Nur drei Menschen, Jean Monnet, Jacques Delors und Helmut Kohl, hätten für ihre Verdienste für die europäische Zusammenarbeit die Ehrenbürgerschaft Europas erhalten, sagte Juncker. Das mache den Verlust umso größer – politisch wie menschlich. Juncker: "In Gedenken an Helmut Kohl habe ich deshalb die Europaflaggen vor den europäischen Institutionen auf Halbmast setzen lassen."
Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) würdigte Kohl. "Er war ein großer Staatsmann, ein großer deutscher Politiker und vor allem ein großer Europäer, der sehr viel dafür getan hat, dass nicht nur die deutsche Einheit gekommen ist, sondern auch dass Europa zusammengewachsen ist." Das sei Kohls großes Vermächtnis, erklärte Gabriel. "Es ist ein wirklich großer Deutscher gestorben."

"Helmut war ein Fels"

Der frühere US-Präsident George H. W. Bush hat Helmut Kohl als "wahren Freund der Freiheit" gewürdigt. "Er ist der Mann, den ich als eine der größten politischen Führungsfiguren im Nachkriegseuropa ansehe", heißt es in einem Statement von Bush, das sein Büro verbreitete. Bush war einer der US-Präsidenten, die während Kohls Amtszeit im Weißen Haus waren. Beide Politiker gelten als Väter der deutschen Einheit.
Es sei eine der "großen Freuden meines Lebens", gemeinsam mit Kohl an der friedvollen Beendigung des Kalten Krieges und an der deutschen Wiedervereinigung innerhalb der Nato gearbeitet zu haben, sagte Bush: "Bei all unseren Anstrengungen war Helmut ein Fels - stark und beständig." Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton hat zum Tod Kohls dessen visionäre Führungskraft gewürdigt. Damit habe Kohl Deutschland und Europa auf das 21. Jahrhundert vorbereitet: "Er war aufgerufen, einige der monumentalsten Fragen seiner Zeit zu beantworten."

"Großer Patriot und Europäer"

Gerhard Schröder, Nachfolger Kohls im Amt des Bundeskanzlers, betonte Kohls Verdienste um die deutsche Einheit: "Die Einigung unseres Landes und unseres Kontinents wird auf alle Zeit auch mit seinem Namen verbunden bleiben." Kohl sei ein "großer Patriot und Europäer" gewesen.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat Kohl für dessen Beziehung zur jüdischen Gemeinschaft gedankt: "Die neue Blüte der jüdischen Gemeinschaft haben wir ganz wesentlich der Zuwanderung zu verdanken", sagte Schuster. "Im Bewusstsein der historischen Verantwortung Deutschlands machte Helmut Kohl den Weg frei für die Einwanderung der Juden aus der ehemaligen Sowjetunion. Dies ist ein bleibender Verdienst Kohls." In der Sowjetunion hatte  Ende der 1980er-Jahre eine neue Welle des Antisemitismus eingesetzt.

16 Jahre an der Macht

Kein Bundeskanzler war länger im Amt als Helmut Kohl – von 1982 bis 1998. In die Geschichte aber ging der promovierte Historiker vor allem als Kanzler der deutschen Einheit ein. Kohl gestaltete die Wiedervereinigung 1989/90 entscheidend mit.
Im Zuge der CDU-Spendenaffäre, in der Kohl sich weigerte, die Namen von Spendern zu nennen, kam es zu einem schweren Zerwürfnis zwischen ihm und seiner Partei. Kohl verlor den Ehrenvorsitz.
Geboren wurde Helmut Kohl am 03. April 1930 in Ludwigshafen am Rhein. Nach seinem Abitur studierte er in Frankfurt am Main und Heidelberg Rechtswissenschaften und Geschichte.

Seit 1946 Mitglied der CDU

Schon als Schüler war Kohl 1946 der CDU beigetreten. In den 1970er-Jahren war Kohl einer der jüngsten Spitzenpolitiker der CDU. Von 1969 bis 1976 war er Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz.
1960 heiratete Kohl die Diplomdolmetscherin Hannelore Renner. Kohls erste Ehefrau litt seit 1993 an einer Lichtallergie und beging im Juli 2001 mit einer Überdosis Tabletten Suizid. Die beiden Söhne Walter und Peter wurden 1963 und 1965 geboren.
Im Jahr 2008 heiratete Kohl Maike Richter. Sie war in den 1990er-Jahren Beamtin in der Wirtschaftsabteilung des Kanzleramtes unter Kohl.
2008 erlitt der Altkanzler bei einem Sturz nach einer Knie-Operation ein Schädel-Hirn-Trauma. Seither war er auf einen Rollstuhl angewiesen und konnte nur noch mit Mühe sprechen. Er trat danach nur noch selten öffentlichen auf. Zuletzt hatte er im November 2014 in Frankfurt am Main mit Hilfe seiner Frau Maike Kohl-Richter sein Buch "Aus Sorge um Europa" vorgestellt.

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