Dienstag, 15. Dezember 2015

Kaufe Hahn, bekomme 60 Millionen


Von Markus Lachmann
VERKEHR Zwei Interessenten wollten Geld für Erwerb des Flughafens / Weiterer Kredit von bis zu 20 Millionen Euro?

MAINZ/HAHN - Gegen 15 Uhr platzt Finanzstaatssekretär Salvatore Barbaro der Kragen. Die Behauptungen der CDU gehen ihm mächtig gegen den Strich; er schimpft nicht ganz familienfreundlich über die Opposition. Nebenan wird gerade zum Flughafen Hahn getagt, vertrauliche Sitzung des Innenausschusses. Infrastrukturminister Roger Lewentz stößt zur Runde und plaudert aus vertraulicher Sitzung. Die Botschaft der Regierung: Schwierige Zeiten, aber alles wird gut, denn wir werden den Airport verkaufen. „Eine Situation, von der ich sage, die finde ich gut“, berichtet Lewentz über den Verkaufsprozess. Bis zu sechs Angebote liegen vor. „Im Frühjahr hat man ganz große Klarheit“, verströmt der SPD-Mann Zuversicht.

„Negativer Kaufpreis“
Zwei Interessenten musste das Land, bzw. die Wirtschaftsberatungsgesellschaft KPMG bereits abweisen, denn sie wollten Geld dafür haben, damit sie den Airport kaufen. Auf Fachdeutsch spricht man von „negativem Kaufpreis“. Chinesische Investoren sollen darunter gewesen sein, nach Informationen dieser Zeitung wollte ein Interessent angeblich 60 Millionen Euro dafür haben, dass er den Hahn erwirbt. Ein Deal, der bizarr klingt, aber in Fachkreisen für durchaus plausibel gehalten wird. Ohne Negativpreise werde wohl kaum jemand den Hahn erwerben wollen, wenn er den virtuellen Datenraum mit Unternehmenszahlen durchforstet habe, sagt ein Insider. Der selbe Insider wundert sich auch, dass wieder die gleiche Beratergesellschaft wie beim Verkauf des Nürburgrings gewählt wurde, bei dem es teilweise drunter und drüber ging. Fest steht, bis zum möglichen Verkauf des Flughafens benötigt das Land eine Übergangsfinanzierung. In den aktuellen Haushaltsverhandlungen hat Rot-Grün „last minute“ noch die Möglichkeit vorgesehen, dem Hahn im kommenden Jahr bis zu 20 Millionen Euro Gesellschafterdarlehen zu gewähren. Es geht um einen ohnehin vorhandenen Ansatz des Haushalts 2016, neu ist, das Geld womöglich als Darlehen zu gewähren. Die 20 Millionen müssen noch von der EU-Kommission genehmigt werden. Die Landesregierung ist guter Dinge, dass dies klappt. Ansonsten wird es am Flughafen Hahn schnell zappenduster, ebenso, wenn der Verkauf nicht klappt. Dann werde es „echt eng“, sagt Barbaro. Denn bis 2024 sind nach den Vorgaben der EU-Flughafenleitlinien nur noch weitere rund 25 Millionen Euro an Beihilfen vom Land möglich.

Noch höheres Defizit
Das Gesellschafterdarlehen dürfte unumgänglich werden. Wie diese Zeitung exklusiv berichtet hatte, wird das Defizit des Flughafens in diesem Jahr voraussichtlich gut 16 Millionen Euro betragen. Barbaro präzisierte die Angaben am Dienstag: Diese Zahl wird es voraussichtlich, wenn der Winter mild bleibe und der Verkauf des Housing-Geländes noch in diesem Jahr über die Bühne gehe. Ansonsten werde man wohl bei 18 Millionen liegen. Hahn-Insider rechnen mit einem noch höheren Minus.
„Das geht Richtung 20 Millionen“, weiß auch Alexander Licht (CDU). Er sieht Parallelen zum Nürburgring, der erst nach der Wiederwahl Kurt Becks pleite ging. „Der nächste politische Wählerbetrug wird vorbereitet“, sagt Licht. Lewentz hält dagegen: KPMG gehe es um die Interessen der Gesellschaft und nicht um „ein Datum“.